Pfingstexkursion 2016

Die Pfingstexkursion 2016 führte die Aachener Gießer vom 14. bis zum 23. Mai in den mittleren Westen der USA. Die Reise über den großen Teich begann für die Teilnehmer der Exkursion wie schon so viele andere zunächst einmal recht beschaulich mit einer Busfahrt, diesmal aber zum Düsseldorfer Flughafen. Von dort aus ging es dann ohne Umwege nach Chicago, von wo aus die Reise quer durch die Bundesstaaten Illinois und Wisconsin führen sollte. Kaum am Airport O’Hare angekommen, ging es für die Gruppe direkt weiter, im Bus in Richtung Peoria in Illinois, wo viele der Teilnehmer ihre erste Nacht auf amerikanischem Boden verbrachten. Auch die Qualität amerikanischer Brauereiprodukte konnte in diesem Zusammenhang einer ersten Prüfung unterzogen werden. Nach dem anstrengenden Reisetag am Sonntag, konnte dann am Montagmorgen das Fachprogramm der Exkursion mit der Besichtigung des Caterpillar Werkes in Peoria begonnen werden. Gleich bei der ersten Station konnten sich die Studierenden davon überzeugen, dass das geflügelte Wort „Everything is bigger in the US“ durchaus zutrifft. Von fachkundigen Mitarbeiten geführt, durfte die Reisegruppe die Herstellung von tonnenschweren Motorblöcken der G3600-Serie Station für Station durchwandern, um so einen Einblick in die Herstellung und die täglichen Herausforderungen im Groß-serienguss zu erhalten.

Im Anschluss an die Tour ging es weiter, quer durch Illinois und Teile von Wisconsin in Richtung Milwaukee. Spätestens jetzt wude klar, die Distanzen auf dieser Exkursion dürften vieles bisher Erlebte deutlich in den Schatten stellen. Nach über vier Stunden Fahrt, war zur Belohnung dann aber noch Zeit für eine Erkundung der Stadt am Ufer des Lake Michigan, welche vor allem für zwei Dinge weltbekannt ist: Bier und Motorräder.
Der nächste Tag der Exkursion beginnt passend zur Stadt mit einem Besuch des Harley Davidson Museums in Milwaukee. Neben interaktiven Exponaten gab es hier vor allem die technische Entwicklung der Motorräder während der letzten 100 Jahre zu begutachten. Dem geschulten Gießerauge entging dabei auch der ein oder andere Gussfehler an den historischen Ausstellungsstücken nicht. Wie sich etwa stark verrippte Aluminium-Gehäuse fehlerfrei gießen lassen, konnten die Teilnehmer anschließend zwei Stunden weiter nördlich in Manitowoc bei Eck Indust-ries live miterleben. Die zahlreichen Verfahrensvarianten und Legierungen mit denen hier gearbeitet wird, hätten fast allein für eine Exkursion ausgereicht. Diverse Formstoffsysteme in Kombination mit Schwerkraft Guss, aber auch Niederdruckguss, führten eindrucksvoll vor Augen, wie vielfältig das Gießerei-Handwerk sein kann. Anschließend schlugen wir unsere Zelte ein wenig südlich in Sheboygan auf, von wo aus die Touren der nächsten Tage starten konnten.


Bild 2: Gruppenfoto vor der Einfahrt von Eck-Industries in Manitowoc

Am Mittwochmorgen ging es zunächst in den Nachbarort Kohler, welcher rund um die von einem deutschen Auswanderer gegründete Kohler Company entstanden und gewachsen ist. Zu Beginn unserer Tour über das weitläufige Firmengelände konnten zunächst aktuelle Produkte und die Geschichte des Unternehmens im Be-sucherzentrum erlebt werden. Die angeschlossene Besichtigung des Werkes, in dem fast ausschließlich Sanitärartikel gefertigt werden, führte die Gruppe neben der Eisen-Gießerei auch durch die Armaturen und Porzellan Fertigung des Betriebes. Die Herstellung gusseiserner Badewannen, nach eigenen Angaben auf einer der in Bezug auf die Kastengröße größten Formanlagen der Welt, war für alle eine inte-ressante neue Erfahrung.

Auch bei der zweiten Station des Tages handelte es sich um eine Gießerei, welche zum überwiegenden Teil nur für das eigene Haus produziert. Die Rede ist vom Bootsmotoren Hersteller Mercury Marine im nahegelegenen Fond du Lac am Lake Winnebago. Für die Teilnehmer der Exkursion gab es hier neben der Herstellung von Schiffsschrauben im Stahl-Feinguss, auch die Herstellung von Motorenkom-ponenten im Lost Foam Verfahren sowie von Struktur- und Motorbauteilen im Druckguss-Verfahren zu sehen. Neben den Prozessen und Produkten an sich, blieben der Gruppe auch Besonderheiten wie der serienmäßige Einsatz von Salz-kernen im Druckguss, aber auch die Verwendung der eigens entwickelten Legierungsfamilie nicht vorenthalten.


Bild 3: Gruppenfoto vor der Kohler-Zentrale in Kohler


Bild 4: Gruppenfoto bei Mercury Marines in Fond du Lac

Im Anschluss an die Besichtigung aller drei Gussbereiche ging es anschließend zurück nach Sheboygan, direkt an das Ufer des Lake Michigan, wo wir auf Einladung der Nemak im Blue Harbour Resort einchecken durften. Der Seeblick und der Empfang durch viele der am Folgetag involvierten Führer und Mitarbeiter war sicherlich für viele der Teilnehmer ein echtes Highlight der Reise. Neben einem geselligen Abend bot die Zusammenkunft zudem für alle die Möglichkeit Kontakte zu knüpfen.

Der Folgetag war dann auch ausschließlich den Nemak Werken Taylor und Gateway vorbehalten. An beiden Standorten werden Komponenten im Druckgießverfahren hergestellt. Während im Werk Taylor mit seinen eher kleinen Maschinen zahlreiche verschiedene Komponente von Getriebegehäusen bis zu Ölwannen produziert werden, konnten in Gateway Maschinen mit über 3000 Tonnen Schließkraft besichtigt werden. Zwar sind allen Teilnehmern Druckgießanlagen nicht fremd, das Ausmaß einer Anlage für die Herstellung von V6-Kurbelgehäusen ließ dennoch viele staunen. Begleitet wurde die Besichtigung beider Werke von einer ausführlichen Vorstellung des Unternehmens und einer angeregten Diskussion der Ex-kursionsteilnehmer mit den beteiligten Mitarbeitern. Unsere Zeit in Sheboygan durf-ten wir abschließend in einer abgelegenen Log Cabin Venue bei Kohler stilvoll bei gutem Essen und gutem Bier gemeinsam feiern.


Bild 5: Gruppenfoto mit den Nemak-Mitarbeitern in der Log Cabin Venue in Kohler

Am letzten Tag des Fachprogrammes stand nach einem langen Abend und einer kurzen Nacht dann eine weitere lange Fahrt auf dem Programm. Vom Ufer des Lake Michigan ging es nach Waupaca und damit weit ins Landesinnere. Die gleichnamige Waupaca Foundry zählt zu den größten Eisengießereien der USA, die alle gebräuchlichen Gusseisenlegierungen vergießt. Besonders beeindruckend war die umgesetzte Firmenphilosophie, die gesamte Entwicklung und Herstellung sämtlicher Anlagen stets im eigenen Haus zu behalten. So bestand die Möglichkeit igens entwickelte, vollautomatisierte vertikale Formanlagen im Einsatz zu sehen, was für eine Großzahl der Studierenden eine beeindruckende Erfahrung war. Nach einer anregenden Abschlussdiskussion begab sich die Reisegruppe das letzte Mal auf die Highways des mittleren Westens, um die Reise in der Windy City abzuschließen.


Bild 6: Gruppenfoto vor dem Eingang der Waupaca Foundry in Waupaca

Die folgenden 36 Stunden waren geprägt von atemberaubenden Aussichten, tollen Begegnungen und tiefgehenden Eindrücken, die den Teilnehmern der Exkursion sicherlich noch lange im Gedächtnis bleiben werden. Höhepunkt war aber sicherlich der gemeinsame Abend auf Einladung der AGIFA in einem typisch amerikanischen Steakhouse im Zentrum der Millionenstadt. Hier konnten die gewonnenen Erfahrungen noch einmal resümiert und ausgetauscht und gemeinsam auf die wirklich gelungene Exkursion angestoßen werden.
Am frühen Sonntagmorgen machte sich die Reisegruppe schließlich auf den Rückweg zum O’hare Airport, um pünktlich im Flieger Richtung Düsseldorf abzu-heben. Und so schien es, als sollte dies die erste Agifa-Exkursion seit Langem ohne Verspätung oder sonstige Zwischenfälle zu werden. Doch als man gerade Neufundland überquerte, bereit das Festland zu verlassen, kam die Ansage des Kapitäns, dass der Flieger aufgrund eines Triebwerkschadens leider umkehren müsse, jedoch nicht nach Chicago, sondern nach New York. Von den Strapazen, die mit einer solchen Situation einhergehen mal abgesehen, bekam die Reisegruppe so die einmalige Möglichkeit noch ein paar Stunden die Atmosphäre der Greatest City of the World aufzusaugen. Mit dem gewonnen Tag im Gepäck machten sich die Gießer dann vom John F. Kennedy Airport auf und erreichten 24 Stunden später als geplant die Aachener Heimat.
Für alle Beteiligten bot die Exkursion zahllose neue Eindrücke und Erfahrungen. Auch wenn die USA als westlich geprägte Industrienation viele Gemeinsamkeiten mit der deutschen Gießer-Welt aufweist, so sind es doch die vielen kleinen Unterschiede, die der Exkursion ihren besonderen Reiz verliehen haben. Es bleiben Erfahrungen, Erinnerungen, aber auch Kontakte und Bekanntschaften, für die sich die weite Reise auf alle Fälle gelohnt hat.
Wir möchten an dieser Stelle noch einmal unseren größten Dank an alle beteiligten Firmen und Akteure richten, welche diese Exkursion erst ermöglicht haben. Ein besonderer Dank gilt dabei Herrn Christoph Heisser, welcher uns durch seine Kontakte eine große Unterstützung war. Aber auch ohne die großzügige Unterstützung unserer Sponsoren wäre diese Exkursion in dieser Form sicherlich nicht möglich gewesen. Ein besonderer Dank daher auch an das aluminium engineering center aachen (aec), die Magma GmbH, den VDG/BDG sowie die Nemak und Frech.